LUCHS-Preis Januar für Peter Muhr
Die 13-jährige Eva erzählt von ihrem Leben in einem offenen Wiener Jugendwohnheim – ein Albtraum an Vergeblichkeit, Gefühllosigkeit, Rohheit und Gewalt. Evas Monolog – unter Pseudonym verfasst von dem österreichischen Autor – offenbart ihr Hineingleiten in die Wirklichkeit der Heimerziehung, die selten mehr als verwaltende Fürsorge ist und nur in Ausnahmefällen menschliche Zuneigung und Zuwendung zulässt. Peter Muhr beschreibt in der Erzählung seine persönlichen Erlebnisse, die er in einer solchen Jugendeinrichtung gemacht hat: „Die Verhältnisse habe ich genau so erlebt, während ich in einer Wohngemeinschaft in Österreich arbeitete“, so Muhr im Gespräch mit der ZEIT. Der Roman bringt somit seine Kritik an den sozialen Einrichtungen zum Ausdruck: „Wenn Offenheit Anomie bedeutet, sind wir eben auf dem Holzweg.“
Peter Muhr habe die Personen und ihre Lebenswirklichkeit durch ihr Sprachverhalten treffend und unverwechselbar charakterisiert, so Birgit Dankert, Jurymitglied LUCHS Kinder- und Jugendbuchpreis. Der Roman stehe damit in einer langen Tradition von Büchern, die gleichzeitig die Denkweise von Jugendlichen einer bestimmten Zeit und die gegenseitige Abhängigkeit von Sprache, Charakter und Herkunft dokumentierten. Darum sei das „kleine, fast unscheinbare Buch ein großes und beeindruckendes Zeitzeugnis.“
Peter Muhr arbeitet als Lehrer und als Lektor für Philosophie an der Universität Wien. Im Rahmen einer Psychotherapieausbildung absolvierte er ein Praktikum in einer betreuten Wohngemeinschaft für Jugendliche.
Der LUCHS-Preis für Kinder- und Jugendliteratur wird jeden Monat von der ZEIT und Radio Bremen vergeben. Aus den 12 Monatssiegern wird im November der Jahresluchs gewählt. Jurymitglieder sind Karsten Binder, Birgit Dankert, Hartmut El Kurdi und ZEIT-Redakteurin Susanne Gaschke.
Am 13. Januar, 15.20 Uhr, stellte Radio Bremen das Buch vor, Redaktion: Libuse Cerna. Das Gespräch zum Buch ist im Internet abrufbar unter www.radiobremen.de/funkhauseuropa.