Pressemitteilung der
ZEIT Verlagsgruppe

30. April 2004

ZEIT Forum der Wirtschaft: Euro(pa) wird erwachsen – Altkanzler Schmidt und EZB-Präsident Trichet zur EU-Osterweiterung

Altkanzler Helmut Schmidt und Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), folgten der Einladung der ZEIT unmittelbar vor dem historischen Moment, wenn die Europäische Union am 1. Mai um zehn Staaten wächst. Vor 1.700 Gästen moderierte Josef Joffe, Chefredakteur und Mitherausgeber der ZEIT, die Diskussion.

Skeptisch, aber nicht pessimistisch

Helmut Schmidt hat in seiner langen politischen Karriere entscheidend dazu beigetragen, den Euro auf den Weg zu bringen: vor allem in seiner Zeit als Bundeskanzler in den späten 70er-Jahren zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten Valéry Giscard d’Estaing. Schmidt selbst sehe sich als jemand, der seit knapp 60 Jahren europäisch denkt und handelt. Umso skeptischer sei er jedoch, was die kommende EU-Osterweiterung betrifft – „skeptisch, aber nicht pessimistisch“, so Schmidt. Deutschland und die europäischen Staaten hätten in den vergangenen Jahrzehnten stets „Schritt für Schritt“ agiert, um die EU langsam zu erweitern, und „nicht zehn Schritte auf einmal gemacht“, sagte er mit Blick auf den 1. Mai. „Wir konnten die Europäische Union auch nicht über Nacht gründen“, so Schmidt, „neue Mitglieder brauchen Zeit.“ Zeit, sich zu integrieren, und Zeit, sich an die Mitarbeit in internationalen Institutionen, zum Beispiel im EU-Parlament, der Kommission und im Ministerrat zu gewöhnen. Mindestens zehn Jahre dauere dieser Prozess: Schmidt warnte davor, dies beschleunigen zu wollen: Vor dem Jahr 2014 dürfe die EU nicht weiter wachsen, so sein Fazit.

Eine historische Chance

Um die Auswirkungen der kommenden EU-Osterweiterung auf den Euro ging es in den Ausführungen des obersten europäischen Währungshüters. Trichet erläuterte zunächst den Grundgedanken und das Prinzip der gemeinsamen Währung: Als „benchmark of the best“ sei der Euro schon bei seiner Geburt an den stabilsten europäischen Währungen orientiert gewesen, nie am Durchschnitt. Seine noch kurze „Erfolgsgeschichte“ bestätige dies, der Euro sei bereits heute wertvoller, als es die Deutsche Mark oder der Französische Franc jemals waren. Alle kommenden neuen EU-Mitglieder hätten zugleich die Option, langfristig der Euro-Zone beizutreten, so Trichet – und er betonte in diesem Zusammenhang ebenfalls den Faktor Zeit. Denn es gibt eine Vorstufe, den „Wechselkursmechanismus“, in der sich zum Beispiel gerade die Dänische Krone befindet. „In einem Jahr sehe ich dort die Krone und die Anzahl X an Währungen aus den neuen EU-Mitgliedern“, so Trichet, wobei er keine Präferenzen für bestimmte osteuropäische Währungen habe. Die EU-Osterweiterung sei eine historische Chance, die man nutzen müsse, betonte Trichet. Zugleich wies er Kritik zurück, der Euro und die Europäische Gemeinschaft würden durch die große Zahl an neuen EU-Mitgliedern geschwächt: Die zwölf Staaten der Euro-Zone repräsentieren 80 Prozent der Bevölkerung der neuen großen EU. Den Euro-Kritikern gab er im englischsprachigen Forum mit auf den Weg: „Don’t underestimate the course of history, when history starts to move.“

Ebba Schröder
'- in Elternzeit - Referentin Gesamtkoordination Pressearbeit